Ja, das Leben als Predinger Jugend- oder "normal" Kürbisbürgermeisters hat schon etwas besonderes an sich. Schon die Wahl allein ist ein Nervenkitzel sonder gleichen. Im Moment der Wahrheit, wenn sich der Kürbis am Galgen dreht und heruntergeschnitten wird, zieht das ganze bisherige Leben an einem vorbei,Zeit Rückschau zu halten und mit sich selbst und seiner Umwelt ins Reine zu kommen.
Angefangen vom ersten Schluck aus der Kürbisflasche über das erste Kürbisputzen mit den Großeltern mit so etwa fünf Jahren, den ersten Salat mit Kernöl bis hin zum ersten Kuss im Kürbisacker, ja daran erinnert man sich im Bruchteil einer Sekunde. Im Bruchteil darauf fragt man sich, was passiert, wenn der liebe Gott sein Urteil vertagt und den Kürbis, durch eine Fügung des Schicksals oder durch eine unbedachte Panikreaktion eines Kandidaten, die den Tisch verrückt, oder was auch immer, ins Leere bzw. neben die Pfanne mit Sterzkoch fallen lässt? Die Menge würde toben, teils vor Wut aber auch aus Schadenfreude. Aber da trifft schon der Kürbis mit unglaublicher Präzision und einer kinetischen Energie, die selbst Galilei hätte erblassen lassen, den Gatsch und das Sterzkoch verteilt sich auf die umsitzenden Delinquenten.
Gerade hattest du noch deinen plötzlichen Harndrang und den Ruf nach der Mutti im Gedanken und schon trifft dich die volle Wucht eines göttlichen Urteils in der Person des Sterzkoches und macht deinen Steirerjanker trotz Schürze, auch Fürtuch genannt, zum Fall für die Reinigung. Gott hat geurteilt und die Jury hofft, nach reichlichem Zuspruch zum (heiligen) Weingeist, diesem nach besten Wissen und Gewissen zu entsprechen und den mit Sterzkoch beflecktesten, zum neuen Kürbisbürgermeister zu bestimmen. Der Gewählte bekommt sein Insignium der Macht, beim "Alten" die ehrwürdige Silberkette mit großem Kürbis, beim jugendlichen das grüne Banderl mit dem kleinen Silberkürbis dran. Jetzt geht es aber erst richtig los! Natürlich hält der von Gott gewählte sogleich seine Antrittsrede, und bis jetzt gab es noch keinen außer einem der davor Bammel hatte! Die erste Amtshandlung ist die Ableistung diverser Gebühren in Form von Schnaps, Bier und Wein. Danach sind viele nicht mehr im vollen Besitz ihrer körperlichen und vor allem geistigen Kräfte, und melden sich für ein kurzes Nickerchen unter dem Tisch ab.
Katastrophal auf die Verfassung kann sich ein Zusammenstoß mit den Vertretern der italienischen und slowenischen Partnergemeinde auswirken. Das Fest vergeht und am nächsten (Arbeits-/Schul-) Tag ist man mit sich und der Welt eher etwas zerworfen. Dann beginnt die Phase der Erfahrungssammlung und beginnenden Identifikation mit dem Amt. Menschen, die man noch nie vorher sah, sprechen einen an, so cirka alla: "Ah..! Sie kenn` ich, sie san doch der...!" Die ersten Begebnisse, wo man Ehrengast und Grußwortspender ist, kommen dann in Windeseile und enden im Rausch des Beifalles der Umsitzenden und -stehenden Volksmassen. Man bekommt auch einen Riecher für Fotokameras. Man sitzt irgendwo bei einer Festivität und plötzlich reißt man, einer inneren Stimme folgend, den Rücken gerade, setzt sein Fotolächeln auf und blickt instinktiv in die Richtung der Kameras. Natürlich ist das dann im späteren "Zivilleben" eher hinderlich, da man ja vor jeder Radarkamera der Exekutive stehen bleibt und lächelnd die Beamten auffordert ein Foto zu schießen. Auch bekam der Verfasser schon einmal in einem Warenhaus Probleme mit den Warenhausdetektiven, da dieser ununterbrochen in jede Überwachungskamera Grimassen schnitt und auf das "Vogerl" wartete, bis man ihm erklärte, natürlich nach eingehender Leibesvisitation, dass er Hausverbot hätte.
Die Höhepunkte sind aber jedes Jahr die Fahrten in die diversen Partnerorte und zu diversen anderen Kürbisfesten im Ausland. Dies sind dann Tage der Verbrüderung über Sprach- und Kulturbarrieren hinweg und enden wieder mit Koordinationsproblemen der motorischen Funktionen auf dem Nachhauseweg. Dann kommt auch irgendwann im Herbst die Zeit des nächsten Kürbisfestes und somit die Zeit der wahrscheinlichen Abwahl durch den lieben steirischen Herrgott. Dieser gibt sich auch manchmal das Vergnügen auf eine Wiederwahl des vorherigen Jugend- oder Kürbisbürgermeisters. Ja, ja, die Wege des Herrn sind unergründlich. So nimmst du dann höchstwahrscheinlich Abschied von Amt und Würden und fühlst dann noch Monate danach eine seltsame Leere in dir. Da gibt es nur ein Gegenmittel:
Wieder antreten zur Wahl !!
Text: Georg Golds